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Blutverdünner nicht einfach nehmen

Prof. Voswinckel erläutert komplexe Systeme der Blutverdünnung und Gerinnungshemmung

Friedberg (HR) Etwa fünf bis sechs Liter Blut zirkulieren im Körper eines Menschen, 70 bis 80 Milliliter je Kilogramm Körpergewicht. In der Versorgung des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen nimmt es eine zentrale Rolle ein. Ebenso wie seine Pumpe, das Herz, ist der Blutkreislauf anfällig für bestimmte Erkrankungen, weshalb viele Menschen zur Vermeidung gravierender Folgen Blutverdünner verordnet bekommen. Über deren Nutzen und Risiken referierte Prof. Dr. med. Robert Voswinckel, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin des GZW, vor einem mit 80 Zuhörern vollbesetzten Haus in der Sonntagsvorlesung am GZW.

Als Funktionen des Blutes nannte Prof. Voswinckel unter anderem den Transport von Atemgasen, Nähr- und Wirkstoffen, Metaboliten und Wärme sowie den Schutz vor Blutverlust und die Immunabwehr. Zu 44 Prozent besteht das Blut aus Zellen, den roten (Erythrozyten) und weißen (Leukozyten) Blutkörperchen sowie den Plättchen (Thrombozyten); diese Zellen entwickeln sich im Knochenmark aus den Knochenmarksstammzellen.

Die restlichen 56 Prozent des Blutes entfallen auf das Plasma, eine aus Proteinen (Albumin, Immunoglobulin, Fibrinogen), Wasser, anorganischen Salzen und Mediatoren (Hormone, Fette, Enzyme) bestehende durchsichtige Flüssigkeit. Im Falle einer Verletzung wird durch Botenstoffe unter anderem das Fibrinogen aktiviert, um durch die Bildung von kleinen Gerinnseln die Wunde zu verschließen und die Blutung zu stoppen.

Gefährlich werden kann dieser Prozess, wenn infolge von Cholesterin- und Kalkablagerungen Verengungen innerhalb von Blutgefäßen entstehen. Im Bereich dieser Ablagerungen (auch Plaque genannt) kann die Gefäßwand aufreißen, was zu Gerinnselbildungen, in der Folge häufig zum kompletten Verschluss des Gefäßes und letztlich zum Infarkt führt.

Blutplättchenhemmer wie das Aspirin (ASS) greifen in den Aktivierungsprozess der gerinnungsbildenden Stoffe ein. Zur Vorbeugung nach einem bereits erfolgten Infarkt gegeben, könne Aspirin beispielsweise die Sterblichkeit infolge eines zweiten Herzinfarkts um 22 Prozent verringern, erläuterte Prof. Voswinckel.
Dringend ab riet Prof. Voswinckel davon, ASS prophylaktisch ohne bekannte Gefäßerkrankung zu nehmen. Dem nachweislich relativ geringen vorbeugenden Nutzen stehe ein fast ebenso hohes Risiko gegenüber, schwere Blutungen zu erleiden, unter Umständen sogar im Gehirn. Sinnvoll sei die prophylaktische ASS-Einnahme gegebenenfalls bei Patienten mit Diabetes mellitus, einem Zehn-Jahres-Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse von über zehn Prozent, ohne Statin-Therapie und mit einem niedrigen Risiko für gastrointestinale Blutungen.  

Eine weitere wichtige Wirkstoffgruppe neben den Blutplättchenhemmern sind die Gerinnungshemmer, die an einer anderen Stelle auf den Gerinnungsprozess einwirken. Ein bekannter Vertreter dürfte das Marcumar sein. Sie werden verschrieben unter anderem bei tiefer Venenthrombose oder Vorhofflimmern. Lebensnotwendig sei das Gleichgewicht zwischen der Förderung der Gerinnung (Koagulation), die schlimmstenfalls zur Thrombose führen könne, und der Hemmung der Gerinnung (Antikoagulation), die schlimmstenfalls zur Blutung führen könne, betonte Prof. Voswinckel.

Erstaunt waren viele Zuhörer über den Einfluss von Vitamin K in diesem Zusammenhang: Die Leber als Fabrik für Gerinnungsfaktoren benötige das in vielen beliebten Gemüsen enthaltene Vitamin K, einen „Gegenspieler“ der Antikoagulantien. „Das Gleichgewicht zwischen Vitamin K und dem ‚Marcumar‘ muss sich für jeden einzelnen Patienten einpendeln“, so der Referent. Mit einem Überblick über die Wirkmechanismen moderner Antikoagulantien endete der Vortrag.