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Altersmedizin ist hochspezialisiert

Dr. med. Jens Axmann referiert über die „Herausforderungen der Geriatrie“

Referent Dr. med. Jens Axmann

Friedberg (HR). Die Geriatrie ist eine vergleichsweise junge Disziplin der Medizin. Im geriatrischen Assessment, einem multidimensionalen und interdisziplinären diagnostischen Prozess, identifiziert sie die medizinischen, psychosozialen und funktionellen Ressourcen des Patienten und entwickelt  einen umfassenden individuellen Behandlungs- und Betreuungsplan.

„Alle wollen alt werden, aber keiner will es sein“, stellte Dr. med. Jens Axmann, seit einigen Monaten Chefarzt der Klinik für Geriatrie des GZW in Friedberg und Schotten, eine vielzitierte Lebensweisheit an den Beginn seiner Ausführungen über „Besondere Herausforderungen der Altersmedizin“. 

Ein Bewusstsein für die speziellen medizinischen Dispositionen und Bedürfnisse älterer und alter Menschen haben nach seinen Worten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst ein österreichischer Arzt und dann eine britische Ärztin entwickelt. Im hessischen Hofgeismar wurde 1967 die erste geriatrische Fachklinik Deutschlands eingerichtet, 25 Jahre später veröffentlichte Hessen sein erstes Geriatriekonzept, im Oktober 2001 öffnete die Klinik für Geriatrie in Friedberg mit zunächst 25 Betten. Die Zahl der Betten wurde 2006 auf 40 und 2016 auf 57 aufgestockt, 2019 kam eine Tagesklinik dazu, 2017 wurde die Geriatrie am Kreiskrankenhaus Schotten des GZW eröffnet. 

Diese Zahlen, so der Referent, belegten die hohe Akzeptanz des geriatrischen Angebots, das einhergehe mit einem kontinuierlich wachsenden Anteil älterer Menschen an der Gesellschaft. „Mit 25 Jahren ist der Mensch auf der Höhe seiner körperlichen Leistungskraft“, erläuterte Dr. Axmann. Danach setzten – lange Zeit unbemerkt – die physiologischen Alterungsprozesse ein mit einer allmählichen Abnahme von Muskulatur und Knochendichte, des Körperwassers und der Nierenfunktion bei Zunahme des Körperfettanteils, nachlassender Funktion der Herz-Kreislauf-Organe, Veränderungen im Stoffwechsel, hormonellen Veränderungen und einer verminderten Leistung der Sinnesorgane. Dabei sei „Alter“ relativ und die Patientengruppe sehr unterschiedlich. 

Multimorbidität bezeichne ein gleichzeitiges Vorliegen mehrerer behandlungsbedürftiger Erkrankungen wie Sturzneigung, kognitive Defizite, Inkontinenz, Fehl- und Mangelernährung, chronische Schmerzen, Depression, starke Sehbehinderung und Schwerhörigkeit  so Dr. Axmann. In der Gruppe der 55- bis 69-Jährigen wiesen 15 Prozent keine Erkrankung auf, 25 Prozent litten an einer behandlungsbedürftigen Erkrankung, 52 Prozent an zwei bis vier Erkrankungen und acht Prozent an fünf und mehr. Bei den 70- bis 85-Jährigen seien acht Prozent erkrankungsfrei, elf Prozent litten an einer Erkrankung, 58 Prozent an zwei bis vier Erkrankungen und 23 Prozent an fünf und mehr. 

Das Vorliegen mehrerer behandlungsbedürftiger Erkrankungen stelle unter anderem wegen oft konkurrierender therapeutischer Ziele hohe Anforderungen an die Behandlungskonzepte und setze zudem ein sehr spezialisiertes Wissen über die im Alter veränderten physiologischen Prozesse voraus. „Geriatrische Syndrome sind multifaktorielle Gesundheitzustände, die nicht einzelnen Organsystemen zuzuordnen sind, sondern durch die Häufung von Beeinträchtigungen in verschiedenen Systemen entstehen und den Übergang von selbstständigem Leben zu Pflegebedürftigkeit einleiten können“, betonte der Geriater. 

Auch der nicht zwangsläufig im Kontext der Multimorbidität zu verwendende moderne Begriff der „Frailty“ meine nicht einfach körperliche Schwäche, sondern vielmehr den Verlust der persönlichen Reserven des Betroffenen und seine erhöhte Anfälligkeit gegenüber internen und externen Einflussfaktoren. Dem Entstehen von Frailty könne man bereits in jungen Jahren entgegenwirken durch eine ausgewogene gesunde Ernährung, das Vorhandensein und die Pflege sozialer Kontakte und die Vermeidung von Genussmitteln.