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Mehr Amputationen infolge Krankenhausreform?

Fachärzte sorgen sich um Bestand erfolgreicher Versorgungsstrukturen für Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom

Dr. Michael Eckhard, Chefarzt der GZW Diabetes-Klinik Bad Nauheim, ist auch Sprecher der AG Diabetischer Fuß der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG).

(HR) Gefährdet die Krankenhausreform Versorgungsstrukturen, die seit Jahren bei Patientinnen und Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) Amputationen zu verhindern helfen? Dies jedenfalls fürchtet die Arbeitsgemeinschaft „Diabetischer Fuß“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Ihr Sprecher Dr. Michael Eckhard, Chefarzt der GZW Diabetes-Klinik Bad Nauheim, verweist auf die scharfe Kritik an der Reform im aktuellen Positionspapier der AG. Er fordert: „Um einen künftigen Versorgungsmangel zu verhindern, muss eine auf DFS spezialisierte interdisziplinäre Zentrenbildung gefördert und müssen etablierte Facharzt-Zusatzbezeichnungen in der Diabetologie in der Leistungsgruppe ‚Endokrinologie und Diabetologie‘ anerkannt werden.“ Ohne ausreichende Expertise drohe ein Wiederanstieg der Amputationsrate – ein Rückschritt, der die Therapieerfolge der letzten Jahrzehnte zunichtemachen würde.

Etwa jeder dritte und vierte Mensch mit Diabetes, in Deutschland bis zu 850.000 Menschen jährlich, erkrankt am Diabetischen Fußsyndrom (DFS), einer schweren Komplikation des Diabetes mellitus. Bei etwa 50.000 Betroffenen wird sogar eine Amputation an Beinen oder Füßen notwendig. Die Hauptziele der DFS-Therapie sind daher, den Verlust der unteren Gliedmaßen zu verhindern und die Lebensqualität und -erwartung der Patientinnen und Patienten zu erhalten.

Ursache für die Entstehung des Diabetischen Fußsyndroms sind meist erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte, ein schlecht eingestellter Blutdruck, Übergewicht und Rauchen, wodurch Nerven- und Blutgefäße geschädigt werden können. In Kombination mit ungeeignetem Schuhwerk entstehen dann häufig chronische, schlecht heilende Wunden an den Füßen, schlimmstenfalls mit dramatischen Folgen.

Seit nunmehr 20 Jahren zertifiziert die DDG ambulante und stationäre Fußambulanzen und -zentren – deutschlandweit gegenwärtig rund 285 –, die eine adäquate, an aktuellen Leitlinien orientierte Versorgung der Betroffenen sicherstellen können. „Diese gewachsenen Strukturen sind durch das Krankenhausversorgungs-verbesserungegesetz (KHVVG) massiv gefährdet“, so Dr. Eckhard. „Wir befürchten, dass viele der heute spezialisierten Fußbehandlungszentren mangels hinreichender Abbildung in den neuen Leistungsgruppen ihre Arbeit einstellen müssen. Das würde die Versorgung der Betroffenen dramatisch verschlechtern.“ In ihrem Positionspapier appelliert die Arbeitsgemeinschaft an die Politik, die „bewährten, aber heute schon fragilen“ Strukturen zu stärken, anstatt sie zu schwächen – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
 
„Durch die frühzeitige Behandlung in einem qualifizierten Behandlungszentrum sinkt die Amputationsrate beim DFS um fast die Hälfte. Das liegt daran, dass dort ein interdisziplinäres Team zusammenarbeitet, das mit dem hochkomplexen DFS vertraut ist und konservative Therapiemöglichkeiten, soweit es geht, ausschöpft“, betont Eckhard.

„Das KHVVG in der derzeitigen Vorlage verschlechtert die diabetolgische Versorgung, indem es gut ausgebildetes diabetologisches Fachpersonal nicht berücksichtigt“, kritisiert Eckhard. Im Positionspapier fordert die AG Diabetischer Fuß der DDG, die fachärztliche Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ der Landesärztekammern und die Qualifikation als „Diabetologe/Diabetologin DDG“ für die Leistungsgruppe „Endokrinologie/Diabetologie“ anzuerkennen. „Fallen Fachärztinnen und -ärzte mit dieser Weiterbildung aus dieser Leistungsgruppe heraus, kann die Versorgung der Menschen mit Diabetes und diabetischem Fußsyndrom kaum noch sichergestellt werden“, so Eckhard.
 
Mit der Krankenhausreform verfolge die Politik zurecht die Verbesserung der Versorgungsqualität, die Reduzierung finanzieller Fehlanreize und Förderung der Qualität. Dementsprechend müssten aber auch spezialisierte und zertifizierte Fußzentren, die aufgrund ihrer interdisziplinären und multiprofessionellen Strukturen und definierten Behandlungspfade eine nachweislich bessere Versorgungsqualität böten, eine gesicherte Finanzierung erhalten. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien in den Disease Management Programmen (DMP) für Diabetes prinzipiell vorhanden. Diese müssten jedoch auch in der Versorgungswirklichkeit konsequent umgesetzt werden. „Es sollte für diese Einrichtungen eine ‚Komplexpauschale Diabetischer Fuß´ implementiert werden“, schlägt Eckhard vor.
 
Das ausführliche Positionspapier der AG Diabetischer Fuß der DDG finden Interessierte auf der Internetseite der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. bzw. der AG Diabetischer Fuß der DDG ag-fuss-ddg.de.